17 April 2008

Putin experimentiert mit georgischen Seperatisten

Georgien über Pläne Russlands besorgt, Konsularfunktionen in Abchasien und Südossetien zu erfüllen

STRASSBURG, 17. April (RIA Novosti). Die Kaukasusrepublik Georgien ist über Pläne Russlands besorgt, Konsularfunktionen in den von Tiflis abtrünnigen nicht anerkannten Republiken Abchasien und Südossetien zu erfüllen.

Dieses Problem wolle Tiflis in der Juni-Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg aufwerfen, sagte die Vorsitzende des Ausschusses für Eurointegration des georgischen Paralments, Nino Nakaschidse, am Donnerstag vor der Presse in Straßburg.

Am Vortag hatte der scheidende russische Präsident Wladimir Putin die Regierung in Moskau beauftragt, Maßnahmen zur Erweisung konkreter Hilfe an die Bevölkerung der nicht anerkannten Republiken zu konzipieren und mit den gegenwärtigen Machtorganen in Abchasien und Südossetien aufs engste zu kooperieren. Vertretungen des russischen Außenministeriums in der Region Krasnodar und in Nordossetien werden im Notfall auch Konsulardienste für Bürger erweisen, die ihren ständigen Wohnsitz in Abchasien bzw. Südossetien haben.

"Das, was Russland unternimmt, verstößt gegen das Völkerrecht. Das ist ein Versuch, die Territorien Abchasiens und Südossetiens de facto zu annektieren." Die georgische Parlamentarierin sagte ferner, dass die Position Moskaus die russisch-georgischen Beziehungen weiter belasten wird. "Deshalb appellieren wir an die russischen Behörden, über die Folgen dieses Beschlusses nachzudenken und ihn zu revidieren. Die jüngsten Schritte sind weder für Russland noch für Georgien annehmbar", sagte Nakaschidse.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion hatte sich Abchasien für unabhängig von Georgien erklärt. Im August 1992 verlegte Tiflis seine Truppen nach Abchasien, die aber auf einen erbitterten bewaffneten Widerstand stießen. Der blutige Konflikt endete am 30. August 1993 mit dem faktischen Verlust Abchasiens durch Georgien. Seitdem arbeitet Suchumi beharrlich auf die Anerkennung seiner Unabhängigkeit hin, die bislang von keinem einzigen Staat akzeptiert wurde. Tiflis betrachtet Suchumi weiterhin als Teil des Landes und bietet Abchasien umfassende Autonomierechte im Staatsverband Georgiens an. Der Frieden in der georgisch-abchasischen Konfliktzone wird von der GUS-Friedensmacht erhalten, zu der hauptsächlich russische Militärs gehören. Die Verhandlungen über die Beilegung des Konflikts wurden 2006 abgebrochen.

Vor dem Zerfall der Sowjetunion hatte Südossetien den Status eines autonomen Gebietes im Staatsverband Georgiens. 1991 schaffte der erste georgische Präsident Swiad Gamsachurdia die Autonomie ab. Die südossetischen Behörden leisteten erbitterten bewaffneten Widerstand. Der Konlikt ging 1992 zu Ende, ebenfalls mit dem Verlust der Region für Tiflis.

Südossetien will seine Anerkennung durch andere Länder durchsetzen, während Georgien es weiterhin als sein Gebiet betrachtet. Der Frieden in der georgisch-ossetischen Konfliktzone wird von einem gemischten Friedenskontingent erhalten, zu dem ein russisches, ein georgisches und ein nordossetisches Bataillon gehören, jeweils 500 Mann. Das Hauptorgan für die Beilegung des Konflikts ist die so genannte Gemischte Kontrollkommission mit den Kovorsitzenden von Russland, Georgien, Nord- und Südossetien. In letzter Zeit bekundet Tiflis den Wunsch, aus diesem Format auszusteigen. Die anderen Teilnehmer der Verhandlungen sind dagegen.


KOMMENTAR

In offensichtlicher Revanche für den Kosovo-Separatismus und die NATO-Beschlüsse zur Osterweiterung mit Georgien und Ukraine verletzt nun Putin die Souveränität Georgiens.

NATO, Russland, Georgien und die Ukraine sollten zur Besinnung kommen und das Gezerre unterlassen. Wenn und wer Georgien nicht zerreißen will, muss darauf verzichten, diese innenpolitisch und regional zerklüftete Gesellschaft in eine Allianz gegen Russland zu holen, denn schon die Umrüstung der Armeen auf Nato-Technik wäre für die russische Rüstungsindustrie ein Verlust, den sie versuchen wird, durch Anheizung der innergeorgischen Konflikte zu kompensieren.

Und Bürgerkrieg in Georgien würde bedeuten, dass es ein Konflikt direkt um die neue, obwohl überflüssige Demarkationslinie zwischen NATO und Russland wäre.
Ein Konflikt in dieser Region hätte eine ganz andere Qualität als im Abseits des Kosovo. Darüber müssen sich die Beteiligten im Klaren sein und dürfen die Risiken nicht unterschätzen.

Was wäre richtig?

1. Ein Moskau zugesicherter Aufschub der Nato-Osterweiterung, besser noch ein Moratorium jeder Nato-Erweiterung, solange man die offenkundige wie überflüssige Konkurrenz mit Russland nicht überwunden hat.

2. Ein Sonderstatus für Georgien und Ukraine, militärische Neutralität. Also NACHDENKEN und nicht einfach zum Alliierten machen, denn der Antirussismus, der schon mit den baltischen Staaten Nato-Mitglied wurde, wird Einvernehmen mit Moskau unmöglich machen, wenn nun noch die Nato einen Bürgerkrieg in Georgien riskiert.

-markus rabanus-

ps: meine Rücksichtnahme für russische Interessen am Waffengeschäft mit den Nicht-Nato-Staaten stellt gewiss keine Wende zum Militarismus dar, sondern ist infolge von Überlegung, dass eine "Umrüstung" nur noch mehr an Ressourcen verschlingt als die Fortsetzung der mir nicht minder widerlichen "Waffenbruderschaft".

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